Mit Jobcarving zum inklusiven Team - Eine Inklupreneur Erfolgsgeschichte mit David Lathan von einhorn

Mit Jobcarving zum inklusiven Team – einhorns Erfolgsgeschichte

Im März 2023 war David Lathan in unserem Community Meeting als Impulsgeber zu Gast. In dieser Inklupreneur Erfolgsgeschichte erzählt David, wie einhorn mit Jobcarving inklusiver wurde. Auf Basis des Meetings ist dieser Blogbeitrag entstanden.

Bei einhorn im Team vor Ort in Berlin sehen wir unseren Arbeitsansatz als eine Art Experimentierlabor, in dem wir gerne viel neues ausprobieren. Wir setzten sehr viel auf unsere interne Kommunikation und ein positives Menschenbild. Daraus sind schon eine 4-Tage-Woche, Selbstgestaltung des Gehalts und einhorn als Firma in Verantwortungseigentum entstanden. So bleiben die Gewinne im Unternehmen und wir können selbst entscheiden und gestalten, was wir damit machen. Mit einem Feminist Funding unterstützen wir z.B. diverse Feministische Organisationen.

einhorn ist seit März 2021 Teil von Inklupreneur. In der Coachingzeit in der ersten Berliner Kohorte haben sie sehr viele wertvolle Impulse bekommen, hatten Mentor:innen zu Besuch und haben so ziemlich schnell & viel gelernt. Bei einer Session mit Thomas Landini haben sie auch das Jobcarving kennengelernt.

Was ist Job Carving?


Es werden die einzelnen Stellen im Unternehmen auf ihre einzelnen Bestandteile analysiert und dann in die folgenden vier Kompetenzbereiche eingeteilt:

  1. herausragende, firmenspezifische Kompetenzen;
  2. erlernte Kompetenzen (Studium, Ausbildung);
  3. niederschwellige, firmenspezifische Aufgaben;
  4. Wertschätzung und Weiterbildung, CSR, BGM, Team-Building, Innovation

Ziel ist es dann die einzelnen Aufgabenbereiche der einzelnen Stellen herauszufiltern, die relativ einfach übertragbar sind auf eine neue Person. Aus den zusammengesammelten niederschwelligen, firmenspezifischen Aufgaben kann dann eine neue Stelle kreiert werden, die einen neuen Arbeitsplatz schafft und gleichzeitig das bestehende Team entlastet. In diesem Beitrag könnt ihr noch mehr über Jobcarving lesen.

Eine Office-Management Stelle entsteht durch Jobcarving

Nach diesem Schema hat auch einhorn eine neue Stelle geschaffen. Die Aufgaben und Tätigkeiten, die durch das Jobcarving zusammengestellt wurden, waren dann am Ende klassisches Office-Management. Also dafür zu sorgen, dass auf den zwei Büroetagen alles vorhanden ist, was zum Arbeiten benötigt wird. Dazu kam dann noch der etwas kreativere Punkt der Pflanzenpflege, der über das reine Gießen hinaus geht, sondern das Ziel hat das gesamte Büro langfristig grüner zu gestalten.

Entsprechend wurde eine Stellenausschreibung für eine:n Office-Manager:in geschrieben und veröffentlicht, die aber leider erstmal nicht so erfolgreich war. David schaut zurück: „Die würden wir heute anders schreiben. Kürzer auf jeden Fall und ein bisschen besser formuliert. Die Bewerbungen die rein kamen, sind über persönliche Kontakte, oder Inklupreneur zustande gekommen. Vor allem Özlem als unsere Coachin hat sich sehr engagiert, dass die Stelle besetzt wird.”

Von der Ausschreibung zur Einstellung

Die Stellenausschreibung wurde Anfang 2022 veröffentlicht, worauf Kontakt zu sechs Bewerber:innen aufgebaut werden konnte. Davon zog noch eine Person die Bewerbung wieder zurück. Mit allen anderen wurden im April und Mai Bewerbungsgespräche geführt. “Das hat relativ lange gedauert, weil teilweise Gebärdensprachdolmetscher:innen nicht zur Verfügung standen.”, erzählt David. Nach den Gesprächen wurde sich aber mit zwei Kandidat:innen für jeweils zwei Tage Probearbeit verabredet, wobei Birgit – die letztendlich auch zum 01.09. eingestellt wurde – mit ihrer offenen und forschen Art direkt überzeugt hat.

Perspektivwechsel: Wie kam Brigit zu einhorn?

Birgit hat zuvor in einem Schuhladen gearbeitet, konnte dort aber wegen ihres gesundheitlichen Zustands nicht weiter machen und hat sich dann an das Jobcenter gewendet. Parallel hat sie von einer Freundin vom Integrationsdienst Nord in Berlin erfahren und hat dort sehr positive Erfahrungen mit ihrem Ansprechpartner gemacht. Dort wurde ihr viel geholfen und bei Bewerbungsunterlagen unterstützt.

Dann ist sie durch Zufall auf die ausgeschriebene Stelle von einhorn gestoßen und hat sich noch nach Bewerbungsfrist beworben. Danach folgten Bewerbungsgespräch und Probearbeit, wobei vor allem die Probearbeit als sehr hilfreich empfunden wurde, um sich vorab ein besseres Bild von Arbeitsplatz und Tätigkeiten zu machen. Ab September ging dann die Probezeit los, die mittlerweile auch beendet ist, sodass sie nun unbefristet ein festes Mitglied im einhorn Team ist. Seit fast einem Jahr ist Brigit nun festes Teil des Teams und ihr Aufgabenbereich hat sich auch noch etwas erweitert: Alle zwei Wochen kocht sie für das gesamte Team.

Die wichtigsten Leanrings von einhorn

1. Jeder Mensch / jede Situation ist individuell

Aus Fast jedem Impuls der Coachingzeit wurde klar, dass es immer auf den Menschen ankommt, der vor einem steht. Teilweise hatten z.B. auch Mentor:innen zu denselben Themen unterschiedliche Meinungen. Es gibt nicht den einen richtigen inklusiven Weg, sondern es ist immer ein Dialog, in dem beide Seiten gemeinsam herausfinden, wie es gemeinsam funktioniert.

Am besten vorher ganz offen ansprechen und Rahmenbedingungen festlegen, was okay ist und was nicht, denn das hilft beiden Seiten den Druck und Stress raus zunehmen und nicht parallel zu einem ersten Kennenlerngespräch auch noch über den richtigen Umgang zu rätseln.

David Lathan, einhorn

2. Begegnungen erzeugen Sensibilität – Der Blick aus der Bubble öffnet den eigenen Horizont

Vor Birgits Einstellung waren die Berührungspunkte der Teammitglieder mit Menschen mit Behinderung relativ gering. Durch das Zusammenarbeiten und den Austausch mit Birgit kommen ganz neue Themen und Fragestellungen zur Sprache, deren Bearbeitung dann dem ganzen Team weiterhelfen und einen Mehrwert bieten. Insgesamt ist also die Sensibilität im Team gestiegen.

3. Lieber machen als nur Zweifeln!

Es brauchte ein paar Anschubser, bis es wirklich von der Theorie in die Praxis ging und die einzelnen Schritte auch umgesetzt wurden. Das hätte auch schneller gehen können.

4. Mehr interne Klarheit und Strukturen

Nach der Einstellung ist klar geworden, dass die Kommunikation intern ein bisschen hinderlich war, vor allem beim Onboarding (=Einarbeitungsphase am Anfang). Es war leider nicht so ganz klar, wer für was zuständig ist. Da wurde dann einiges Nachgeholt. Auch konkrete Ansprechpersonen wurden festgelegt und dokumentiert.

5. Das Wissen existiert schon! – Es gibt Stellen, die helfen können und wollen!

Alles, was es an Informationen braucht, um den internen Inklusionsprozess voran zu treiben, muss nicht selbst neu erfunden werden. Inklupreneur hat viel dieses Wissens gebündelt und kann bei spezielleren Themen und Fragen an die richtigen Stellen weiter verweisen. Man wird so gut an die Hand genommen und durch den Prozess begleitet.


Über einhorn

einhorn wurde 2015 gegründet und ist mit veganen Kondomen auf den Markt gegangen. Mittlerweile gibt es zwei verschiedene Größen und seit 2019 auch eine ganze Palette Menstruationsartikel (Binden, Tampons, Slipeinlagen und Cups). Mit beiden Produktkategorien war es dem Unternehmen wichtig, diese aus der schambehafteten Ecke zu holen, durch eine offene und lustige Kommunikation die Aufmerksamkeit der Kund:innen zu gewinnen und es normal zu machen darüber zu sprechen. Vor allem die Menstruation ist in unserer patriarchalen Gesellschaft ein Thema, über das noch viel zu wenig gesprochen wird. Deshalb einhorn sich zur Aufgabe gemacht, mit der Kommunikation über die eigenen Produkte Teil einer Bewegung zu werden, die sich von den patriarchalen Strukturen löst.

Wichtig war von Anfang an immer, dass die Produkte nachhaltig sind; sie sollen nicht nur gut aussehen, sondern auch einen gewissen Mehrwert liefern. Für die Herstellung der Kondome konnte sogar eine Initiative gegründet werden, die Kleinbauern dabei unterstützt ihren Kautschukanbau komplett regenerativ zu gestalten. Die Kleinbauern aus Thailand sind komplett selbst organisiert und wirtschaften auf ihrem eigenen Land ohne Monokulturen und Pestizide nach hohen nachhaltigen Standards. Für den angebauten Kautschuk bietet einhorn feste Abnehmerpreise, sodass die Bauern wirtschaftlich abgesichert sind und der Anbau sich langfristig lohnt. Außerdem wird der Kautschuk, der nicht von einhorn abgenommen wird auch in den freien Markt gegeben und von anderen Kondomhersteller:innen und anderen Unternehmen eingekauft.