Was Inklusion für mich bedeutet – Özlem Cetin aus dem Inklupreneur Team

In unserer Serie “Was Inklusion für mich bedeutet“ betrachten wir das Thema Inklusion aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Den Anfang macht unsere liebe Kollegin Özlem.

Mein Name ist Özlem Cetin. Ich bin eine Frau, habe einen Migrationshintergrund, eine angeborene Schwerbehinderung und bin eine selbstbewusste erfolgreiche Geschäftsfrau. Alles in einem, das bin ich.

Trotz vieler Hindernisse aufgrund meiner speziellen Situation habe ich mich so akzeptiert wie ich bin und meine Schwächen durch meine Stärken ersetzt. Doch der Weg dahin war einsam und sehr holprig.

Leben mit angeborener Lähmung

Ich habe eine Geburstlähmung, auch bekannt als die Erbsche Lähmung. Bis zu meinem dritten Lebensjahr konnte ich meinen linken Arm nicht bewegen. Durch jahrelange, schmerzvolle Physiotherapie habe ich gelernt, meinen Arm beschränkt zu bewegen. Seit meinem 16 Lebensjahr war meine Schwerbehinderung dann für viele nicht mehr sichtbar. Doch mein Weg zur Normalität und zur Akzeptanz war dadurch nicht leichter geworden.

Nach meinem Studium und meiner Ausbildung war es Zeit mich zu bewerben. Wie für viele MmB (=Menschen mit Behinderung) kamen für mich wichtige Fragen auf:

Gibst Du Deinen GdB (=Grad der Behinderung) in der Bewerbung an oder lieber nicht? Bin ich jetzt ehrlich und stehe zu mir oder erwähne ich es gar nicht, um meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu steigern?

Fragwürdige Ratschläge

Mit all meiner Unsicherheit machte ich auf den Weg zur Jobberatung – und war sehr überrascht, welche Ratschläge ich zu hören bekam. Da man mir meine Behinderung nicht ansieht, sollte ich es nicht unbedingt erwähnen – ich hätte ja genug Nachteile als “Ausländerin” (ich bin gebürtige Deutsche) – da würde ich mir ja mit dem GdB nur noch einen zusätzlichen „Nachteil“ schaffen.

Am Anfang meiner Karriere habe ich immer so viel Energie vergeudet, um meine Behinderung zu verstecken, dass ich keine Zeit mehr hatte, meine Stärken voranzutreiben.

Diversity & Inklusion wird ein populäres Thema

Mit der Zeit wurde D&I ein wichtiges Thema für die Politik und für die Wirtschaft. Unternehmen entwickelten vorbildliche D&I Strategien, Aktivisten publizierten mehr und mehr über Inklusionsarbeit und in den Sozialen Medien wurden täglich Probleme und Lösungen ausgetauscht.

Da könnte man denken, dass sich in den 15 Jahren die Probleme mittlerweile gelöst oder geändert hätten – dies ist jedoch nicht der Fall!

Erst vor Kurzem habe ich online in einer Gruppe zum Thema Inklusion mal wieder eine Anfrage von einer Uni Absolventin gelesen. Es war die gleiche Frage, die ich mir vor 15 Jahren gestellt habe: Bewerbe ich mich mit GdB oder lieber nicht? Es ist traurig, dass diese Frage weiterhin noch aktuell ist, aber auch eine Bestätigung, dass wir mit dem Thema Inklusion immer noch am Anfang stehen.

Was bedeutet Inklusion für mich?

Inklusion bedeutet für mich Nicht-Ausgrenzung, Respekt und Toleranz dem anderen gegenüber, das Recht auf selbstbestimmte Teilhabe, ohne aufgrund der Behinderung benachteiligt zu werden und zu sich und zu der eigenen Behinderung zu stehen.

Um Inklusion zu fördern, haben wir als Hilfswerft das Projekt Inklupreneur gestartet. Wir möchten Unternehmen möglichst früh in ihrer Entwicklung als Startup oder Grownup klar machen, dass Menschen mit Schwerbehinderung vom gleichen Nutzen sein können, wie alle anderen ohne eine Behinderung. Ich selbst bin das beste Beispiel dafür.

Unser Angebot zielt darauf ab, Hürden und Hindernisse abzubauen, damit innovative Unternehmen mehr Menschen mit Behinderung beschäftigen. Nicht weil Sie es müssen, sondern weil alle profitieren.

Wir werden Unternehmen unterstützen eine Inklusionsstrategie zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen. Unterzeichne einfach unseren Inklukpreneur Pledge, um auch dabei zu sein.

Mein persönlicher Wunsch

Mein ganz persönlicher Wunsch ist es, MmB zu ermutigen, ihre Behinderung nicht als Last zu empfinden: unsere Diversität ist gut und wunderschön. Wir sollten voller Stolz unseren GdB in Bewerbungen angeben mit dem besten Wissen, dass wir dadurch keine Nachteile haben werden.

Özlem Cetin
oezlem[at]inklupreneur.de