Hinter den Kulissen – Amy über das Inklupreneur Coaching

In unserer Serie “Hinter den Kulissen“ geben Menschen, die bei dem Inklupreneur Projekt beteiligt sind, ihren ganz individuellen Einblick. Du willst auch deine Perspektive schildern? Dann melde dich bei Marlene: marlene[at]inklupreneur.de

Heute berichtet unsere Mentorin Amy.

Ich bin Amy Zayed. In meinem alltäglichen Leben habe ich als Journalistin viel mit Menschen zu tun, und bin es gewohnt, Fragen zu stellen, und Antworten einzuordnen und auszuwerten. Es war also für mich total spannend, in wie weit diese Qualität mir bei meiner Arbeit als Mentorin für Inklupreneur hilft. Auch die Fähigkeit Neugier und Kommunikation zu verbinden ist etwas, was ich sehr gern einbringen will und immer schon wollte. Von daher habe ich mich ziemlich enthusiastisch darauf gefreut. Ich durfte zwei verschiedene Formate kennen lernen, in denen ich als Mentorin mitwirken konnte. Einmal die Visibility Sessions, und einmal die Job-Interviewsimulationen. Hier ein kleiner Einblick, wie ich beides empfunden habe.

1. Visibility Sessions:

Amy, Inklupreneur Mentorin, gibt den Unternehmen Feedback

Die Idee dahinter fand ich grundsätzlich gut. Es geht darum, potentiellen Arbeitgeber*Innen die Möglichkeit zu geben, überhaupt mal mit Menschen mit Behinderung in Kontakt zu treten. Was mir dabei aufgefallen ist, ist tatsächlich das doch wirklich extreme Unwissen und manchmal auch etwas „Fremdeln“ was die Leute dabei haben. Bei meiner Visibility Session war die Dame zwar durchaus gebrieft, und wusste worums ging, aber ich hatte den  Eindruck, dass sie in ihrem persönlichen oder beruflichen Alltag selten oder nie Kontakt mit Menschen mit Behinderung hatte. Das ist überhaupt nicht schlimm für mich als Mentorin, denn schließlich bin ich ja dafür da. Aber rein gesellschaftlich ist das natürlich schon erschreckend. Es hat mir aber persönlich noch mal viel bewusster gemacht, wie wichtig unsere Arbeit als Mentor*Innen ist, und wie wichtig unser Input, gerade dieser erste Input ist, den wir den Leuten geben.

Vielleicht sollte es für die Firmen gerade am Anfang immer sowas wie drei oder vier solcher Visibility Sessions geben. Einfach, damit denen bewusst wird, wie verschieden nicht nur Behinderungen sein können, sondern auch wie verschieden Menschen mit Behinderung sind. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass das jedem und jeder klar sein sollte, aber gerade durch diese Unsicherheit, und gerade durch dieses Klischee, was man durch Medien, durch Literatur, durch Gesellschaft allgemein in den Köpfen vermittelt bekommt, muss man da glaube ich trotzdem noch etwas gezielter dagegen angehen. Denn dieses Mindset zu hinterfragen bedarf mehr als nur 60 Minuten mit einer einzigen behinderten Person.

2. Job-Interview-Simulation:

Die Job-Interview-Situation war insofern total interessant, weil da die potentiellen Arbeitgeber*Innen selbst in Aktion treten konnten, und man selbst so ein Bisschen ein Feeling dafür bekommen konnte, was in ihren Köpfen vorgeht, und wie sie sich die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen vorstellen. Da habe ich mich manchmal gefragt, ob der Ein oder Andere wirklich ernsthaft über die Frage nachgedacht hat. Bei Anderen hatte ich allerdings das Gefühl, dass die da doch durchaus sehr viel Zeit hineingesteckt haben, und wirklich ganz extrem drüber nachgedacht haben. Aber ich finde diese Sessions gerade deswegen auch so wichtig, weil man genau da merkt, wie viel Commitment die einzelnen Firmen wirklich mitbringen. Von daher fände ich es gut, wenn diese Sessions noch viel gezielter passieren, und die Mentor*Innen sich auch gezielter mit den Firmen verkuppeln, die vom Profil her passen. Denn das Konzept müsste ja idealerweise so ablaufen: Erst kommen die Visibility Sessions, und die Coachings, und alles Andere, und gegen Ende hin, wenn die Firmen schon fitter sind, kommen die Simulationen. Und im Idealfall haben sich die Firmen bis dahin zumindest ein rudimentäres Bild davon gemacht, was sie gern für Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung schaffen wollen. Und damit meine ich nicht spezifische Jobs, denn jede Behinderung ist ja anders, sprich, theoretisch wäre jeder Job auch mit einem Menschen mit Behinderung besetzbar. Ich meine damit, dass sie ungefähr eine Ahnung haben, vielleicht mit welchen Behinderungen sie sich primär beschäftigen wollen, was für sie vielleicht gar nicht funktioniert, was man einfach doch passend machen könnte, aber auch, dass sich bis dahin das Mindset etwas eingependelt hat. Sprich, wenn die Simulationen kommen, sollte es dann schon ums Eingemachte gehen. Da sollten die Firmen konkret in der Lage sein die Fragen zu stellen, die sie für die Zusammenarbeit wichtig finden. Und wenn da jemand sitzt, der von der Materie Ahnung hat, dann lässt es sich einfacher diskutieren. Wenn also eine Vertriebskraft gesucht wird, und da jemand mit Behinderung sitzt, der im Vertrieb gearbeitet hat, ist das um Längen sinnvoller, als wenn da jemand sitzt, der Jura studiert hat, und im Management saß, oder vorher KFZ Mechaniker*In war.

Mein Fazit

Alles in Allem finde ich, hat Inklupreneur mit der ersten Kohorte einen ziemlich genialen Start hingelegt. Jetzt gilt es den Standard noch weiter zu verbessern! Mein Feedback: Noch viel klarer abstecken, wo Ihr mit den Firmen hinwollt. Also: Am Anfang gehen wir davon aus, dass die Firmen keine Ahnung haben von Menschen mit Behinderung. Und am Ende sollen sie meinetwegen einen fertigen Plan ausarbeiten. Oder eine Stellenausschreibung fertig haben, oder was auch immer! Das kann auch für jede Firma individuell vorher abgesteckt werden. Denn nicht jedes Unternehmen kann die gleichen Ziele in der gleichen Zeit umsetzen. Aber ich glaube, es würde einfach helfen, wenn klar wäre, welches Ziel sich welches Unternehmen gesetzt hat. Es trennt auf der einen Seite, ums mal gemein zu formulieren, den Weizen von der Spreu, was das Commitment angeht, und auf der anderen Seite gibt es den Firmen auch eine klare Struktur an, dass sie hier nicht ihre Zeit mit unseren Workshops und Sessions absitzen, und am Ende ist die Kohorte vorbei, und sie haben mal was über Behinderte gelernt, und dann kommt Business as usual.

Zu guter Letzt noch was zu meiner persönlichen Motivation: Ich selbst habe leider oft genug erlebt, wie wenig man mir aufgrund meiner Behinderung und meines Migrationshintergrunds zutraut, und von daher finde ich nicht nur den Aufklärungsbedarf total wichtig, sondern ich finde es auch einfach essenziell, die Leute auf nette, diplomatische Art aufzurütteln, und sie dazu zu bewegen, ihr Mindset, ihre Vorstellung, ihr Klischee zu hinterfragen. Und je länger ich Mentorin bei Inklupreneur bin, desto mehr fühle ich mich genau in diesem Punkt bestätigt, dass diese Arbeit sehr wertvoll ist.

Falls du auch deine Erfahrungen im Inklupreneur Projekt auf unserem Blog schildern möchtest, melde dich gerne direkt bei Marlene!

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Marlene Fragge

marlene [at] inklupreneur.de