In dieser Erfolgsgeschichte erzählen Nora Winter und Teresa Romagna von unserem Pledger ProVeg e.V. von ihren Erfahrungen und Erfolgen mit der verzahnten Ausbildung in Kooperation mit dem Berufsbildungswerk OBERLINHAUS, welche Ergebnisse die Teilnahme am Inklupreneur Projekt noch mit sich gebracht hat und warum es sich lohnt Inklusion proaktiv anzugehen.
Wie seid ihr auf die Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungswerk gekommen?
Nora Winter: Gute Frage. Ich glaube bei eurer Jubiläumsfeier war das, da habe ich Karin Elleser, die Koordinatorin für betriebliche Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeitvom Oberlinhaus persönlich getroffen. Ich wurde aber auch schon vorab per Mail zum Unternehmerfrühstück eingeladen und dann habe ich mich dort angemeldet, weil ich dachte, das ist eine gute Sache. Wir hatten nämlich totale Schwierigkeiten überhaupt jemanden zu finden, der oder die Interesse hat bei uns zu arbeiten. Dann bin ich einfach zum Unternehmerfrühstück gegangen, ehrlich gesagt auch erstmal ohne große Erwartungen.
Und da hast du dann verschiedene Auszubildende kennengelernt?
Nora Winter: Also eigentlich habe ich nur Lisa so richtig kennengelernt, weil wir zusammen an einem großen Tisch saßen mit verschiedenen Unternehmensvertreter*innen und Auszubildenden. Bei uns saßen auch nur zwei Auszubildende am Tisch, eine davon war Lisa. Dann haben wir uns alle einander vorgestellt, ganz nett und direkt auf Augenhöhe und sind nach und nach ins Gespräch gekommen. Ich fand sie direkt sehr nett und offen und dachte, dass sie ja auch von der Ausbildung her gut zu uns passt. Beim anschließenden Rundgang durch die Ausbildungsstätten habe ich dann direkt Lisas Ausbilderin angesprochen und gesagt, dass bei uns auf jeden Fall was möglich ist für Lisa.
Sehr schön. Dann ist Lisa also zur verzahnten Ausbildung zu euch gekommen. Wie läuft denn dann im Alltag die Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungswerk?
Teresa Romagna: Bevor wir begonnen haben mit dem Praktikum, war Lisas Ausbilderin einmal für ein Vorgespräch bei uns und hat uns unter anderem über Lisas Krankheitsbild informiert. Das war auch sehr gut für uns, weil wir dann besser einschätzen konnten, worauf wir uns vorbereiten müssen und worauf wir achten sollten. Ein erneuter Austausch fand nach der Hälfte der Zeit im Rahmen eines Besuchs von Lisas Ausbilderin statt. Dadurch konnte Sie sich erneut ein Bild von allem machen. Mit dem Berufsbildungswerk sind wir regelmäßig in Kontakt.
Mit Lisa läuft es auch gut, sie ist uns auf jeden Fall eine Unterstützung. Die Einarbeitungsphase hat etwas länger gedauert, was aber daran lag, dass Lisa anfangs nur 2-3 Tage à 7 Stunden in der Woche bei uns war und den Rest der Zeit in der Berufsschule bzw. mit der Ausbildungsgruppe verbracht hat. Inzwischen ist sie drei Tage die Woche bei uns, in den Schulferien sogar vier. Es läuft sehr gut, sie übernimmt schon eigene Aufgaben, wird immer selbstständiger und wir trauen ihr auch immer mehr zu.
Am Anfang habe ich auch kaum etwas von ihrem Krankheitsbild mitbekommen. Sie hat Tools dabei, die sie auch nutzt, um ihren Arbeitsalltag bei uns zu bewältigen. Wir versuchen sehr verständnisvoll zu sein und gemeinsam mit ihr zu überlegen, wie wir sie weiter unterstützen können. Wir haben uns dann auch entschlossen, das Praktikum nochmal um weitere 3 Monate zu verlängern.
Schön, das klingt ja nach einem gegenseitigen Annähern ganz ohne Druck! In welchem Bereich arbeitet Lisa denn eigentlich bei euch?
Teresa Romagna: Hauptsächlich in der Administration der Personalabteilung. Dort unterstützt sie uns bei der Ablage, dem Sortieren von Dokumenten und der Digitalisierung. Jetzt übernimmt sie auch Stück für Stück die Vorbereitung bestimmter Dokumente für unsere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und sie ist auch bei Interviews dabei und bereitet diese vor. Sie hat eine Übersicht von ihrer Ausbildung, welche Aufgaben sie erfüllen muss und wir versuchen sie Stück für Stück in alle Bereiche einzuführen, beispielsweise auch ins Recruiting oder die vorbereitende Lohnbuchhaltung. Sie hat bereits zu Beginn geäußert, welche Bereiche ihr besonders Spaß machen und entsprechend berücksichtigen wir ihre Wünsche und wollen sie auch nicht unter Druck setzen, etwas anderes machen zu müssen.
Habt ihr dadurch, dass Lisa jetzt Teil des Teams ist, auch insgesamt im Team eine Veränderung bemerkt?
Nora Winter: Also wir haben im Teammeeting immer die Frage, was gerade gut läuft und was die Erfolge waren und meistens fällt es uns dann ziemlich schwer, etwas zu sagen. Und Lisa fällt eigentlich immer etwas Positives ein. Häufig sind das dann ihre persönlichen Erfolge und Fortschritte, die teilt sie dann auch ganz offen. Das finde ich total schön. Ich hab den Eindruck, dass das dann auch nochmal dazu geführt hat, dass wir alle mehr Persönliches miteinander teilen. Und das ist dann ein gutes Wechselspiel: Je offener und verletzlicher wir uns im Team zeigen, desto offener kann auch Lisa sein – und andersherum. Sie hat uns auch schon zurück gemeldet, dass sie sich bei uns mit dieser Offenheit sehr wohl fühlt.
Würdet ihr die verzahnte Ausbildung anderen Unternehmen als Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens empfehlen?
Nora Winter: Ja, wir hoffen auch da weiterhin mit dem Berufsbildungswerk in Kontakt zu bleiben und in Zukunft eventuell weitere Auszubildende kennenzulernen. Es ist auf jeden Fall eine schöne Möglichkeit für beide Seiten.
Teresa Romagna: Genau, und wir werden auch gut betreut. Bei Fragen oder wenn wir nicht weiter wissen, können wir immer Kontakt zum Berufsbildungswerk aufnehmen. Ich bin mit der Ausbilderin in engem Kontakt.
Nora Winter: Diese verzahnte Ausbildung ist im Zusammenhang mit Inklupreneur ein tolles Erfolgserlebnis. Ansonsten hat sich mittlerweile auch eine Angestellte, die bei uns beschäftigt ist, gemeldet und ihre Schwerbehinderung offen gelegt. Außerdem konnten wir auch über das Job Speeddating der ISL e.V. eine weitere Mitarbeiterin mit Behinderung rekrutieren.
Ja, sehr schön! Was würdet ihr denn anderen Unternehmen empfehlen, um die Inklusion in der eigenen Organisation voran zu treiben?
Nora Winter: Auf jeden Fall raus gehen zu den persönlichen Treffen. Die Angebote, die es gibt, wahrnehmen und die Menschen einfach kennenlernen. Stellenausschreibungen haben uns nicht so weit gebracht.
Teresa Romagna: Definitiv, Netzwerke und Kontakte nutzen. Seitdem merke ich auch immer mehr die positiven Entwicklungen. Es geht in kleinen Schritten voran, aber der Prozess ist toll zu beobachten. Das Bewusstsein für Menschen mit Behinderung war bei uns eigentlich schon lange da, aber jetzt sind wir insgesamt einfach aktiver und wenden uns gezielt an entsprechende Organisationen, um mit Menschen mit Behinderung in Kontakt zu kommen und die Inklusion bei uns voranzubringen. Es lohnt sich.
Okay, also aufhören darauf zu warten, bis sich endlich jemand mit Behinderung meldet, sondern aktiv die Kontakte suchen.
Nora Winter: Genau.
Sehr schön! Habt ihr noch etwas, was ihr anderen mit auf den Weg geben wollt?
Teresa Romagna: Man muss in die Inklusion im Unternehmen etwas mehr Aufwand reinstecken, als in anderen Bereichen, aber dieser extra Schritt lohnt sich auf jeden Fall!
Nora Winter: Schön gesagt, Teresa!